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Überaktive Blase mit intermittierenden Restharn

28.06.
2024

Sehr geehrte Doktoren,
ich bin männlich 38 Jahre und leide seit mehreren Jahren unter einer überaktiven Blase mit ausgeprägter Drangsymptomatik, d.h. am Anfang der ganzen Geschichte konnte ich vllt. noch 30 min den Harndrang unterdrücken und heute vllt. wenn es hochkommt max. 2-5min und muss normalerweise im Schnitt 10-14x in 24h auf Toilette (Harnmengen von 100-300ml tagsüber, nachts selten auch über 300-400 ml).
Daraus ergibt sich hin und wieder eine bisher noch relativ gut beherrschbare Inkontinenz, vor allem da ich hauptsächlich im HomeOffice arbeite bzw. in der Natur unterwegs bin. Hin und wieder kommt es tagsüber und nachts zu kleineren Unfällen/ Tropfen mit und ohne Drang (Drang und/ oder Überlaufinkontinenz?).
Des Weiteren habe ich wochenweise immer wieder starke Schmerzen im Becken (im Bereich Prostata?, unterer Rücken Nerven?) und der Harnröhre, dazu kommen Schmerzen nach dem Samenerguss (Brennen, Druckschmerz und Probleme beim Wasserlassen). Und es bestehen bei längerem sitzen Beschwerden, d.h. ich kann nicht lange sitzen und habe insbesondere beim Radfahren schmerzen durch Druck hinten im Beckenbereich und an den Oberschenkeln hinten.
Bei kalter Witterung wesentlich schlimmer als bei warmer Witterung.
Über die Drangsymptomatik hinaus, gibt es in letzter Zeit genau das Gegenteil, d.h. ich merke die Blase weniger und muss trotz gleichbleibender Flüssigkeitsaufnahme (ca. 2l stilles Wasser) am Tag nur selten auf Toilette und dann kommt auch nur wenig (bei 2l Flüssigkeitsaufnahme werden teilweise nur 1l wieder ausgeschieden, in nächster Zeit können es dann auch 3l Ausscheidung innerhalb 24h sein). In dieser Zeit ist der Bauchraum sehr aufgebläht. Der Harnstrahl ist stark schwankend, es tröpfelt und läuft nach. Es wurden hin und wieder Restharnmengen von 30-160ml und zuletzt 300 ml gemessen. Bei 300 ml war ich sehr erschrocken, diese habe ich überhaupt nicht gemerkt und ich war 5min davor Urin abgeben. Mein Urologe vor Ort meinte es sei nicht weiter schlimm, wenn es nur gelegentlich auftritt.
Das Urinsediment ist unauffällig.
Die Harnröhre zeigte sich in der Zytoskopie unauffällig und die Prostata ist nur gering vergrößert. In der Urodynamik zeigte sich ab ca. 310 ml eine Detrusorhyperaktivität, die Blase wurde nach/während der Untersuchung komplett entleert.
Ich weiß nicht mehr weiter und war schon bei mehreren Urologen, die teilweise relativ ratlos erschienen und anderseits in den Meinungen auch sehr unterschiedlich lagen (medikamentöse Behandlung mit Anticholinergika oder Alphablocker?).
Was ist Ihre Meinung? Welche Therapiemöglichkeiten sehen Sie?
Ich mache mir gerade viele Gedanken inbes. wegen dem Restharn. Eigentlich sollte dieser ja bei Erwachsenen nicht über 100 ml liegen? Wäre nicht ein ISK angeraten?
Vor ISK habe ich wegen dem Infektionsrisiko allerdings große Angst, da ich Hochrisikopatient aufgrund meiner künstlichen Herzklappe und Herzschrittmacher bin. Daher nehme ich auch den Gerinnungshemmer Marcumar.
Über Ihre Antwort würde ich mich sehr freuen.
Vielen Dank im Voraus.
Freundliche Grüße

 

Antwort von Prof. Wiedemann

 

Hallo,

bei einer Überaktiven Blase mit urodynamisch nachgewiesener Detrusorüberaktivität brauchen Sie sicher Medikamente, um wieder trocken zu werden. Der Restharn gehört eigentlich nicht zum Krankheitsbild, da müsste geschaut werden, woran das liegt. Es müsste eine gyn. Untersuchung (Senkung?) gemacht werden und urologischerseits geschaut werden, ob irgendwo ein HIndernis (Harnröhrenenge?) vorliegt. Auch sollte die Urodynamik genau angeschaut werden, ob der Beckenboden bei dem Wasserlassen entspannt (ggf. Ausschluss einer sog. „Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie“). Wenn das ausgeschlossen ist, müssten Sie Medikamente zum Dämpfen der Blase (sog. Anticholinergika oder Mirabegron) bekommen. Ich würde zu letzterem tendieren, denn Mirabegron vergrößert typischerweise den Restharn nicht. Es ist aber auch möglich, mit Anticholinergika zu arbeiten und langsam die Dosis zu erhöhren.

LG

Prof. Dr. med. Andreas Wiedemann